Predigt anlässlich der Beerdigung von HH. Spiritual Johann Amstalden
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Verehrte Trauerfamilie, liebe Mitbrüder, in Christus dem Herrn Geliebte,
Es war am 1. Januar 1947, diese herrliche Pfarrkirche prangte im schönsten Festschmuck und von der ganzen Pfarrei freudig begrüsst, trat der Neupriester Johann Amstalden an den Altar, um sein erstes hl. Messopfer zu feiern. Und heute, nach kaum 12 Jahren, liegt die Leiche dieses jungen Priesters starr und kalt im Chor der gleichen Kirche. Ist dies nicht
ein grausamer Gegensatz? Mit den Augen der Welt betrachtet, ist es wirklich ein Gegensatz. Aber mit den Augen des Glaubens geschaut, ist der Tod dieses jungen Priesters nichts anderes als die Vollendung, die Krönung dessen, was er am Primiztag in dieser Kirche begonnen hat. Er ist damals zum Altar getreten, zu Gott, der ihn erfreute von Jugend an, um durch Christus und mit Christus und in Christus sich ganz dem Vater zu schenken. Und seinen Tod können wir nicht anders bezeichnen, als die Annahme dieser Hingabe durch den Vater. Und was zwischen dem Primiztag und dem Tode des Priesters Johann Amstalden war, das war nichts anderes als das Hinschreiten zum Opferaltar, zur vollen Hingabe an den Vater.
In Christus dem Herr Geliebte,
Am Tage vor seinem Tode sprach der liebe Verstorbene zu mir: "Mein Nachruf ist bald gemacht: Er war zehn Jahre Krankenseelsorger. Das ist alles." Die Daten seines Lebens sind allerdings bald aufgezählt. Geboren am Bruderklausentag des Jahres 1921 in Sarnen, besuchte er in dieser Gemeinde die Schulen bis zur Matura, um dann nach Chur zu übersiedeln zum Theologiestudium im Priesterseminar St. Luzi. Da zeigte sich sein Leiden, das ihn sein Leben lang nicht mehr frei- geben sollte, zum ersten Mal. Eine schwere Operation zwang ihn zu einem längeren Studienunterbruch. Am 21. Dezember 1946 durfte er das hl. Sakrament der Priesterweihe empfangen und am 1 .Januar des Jahres der Heiligsprechung von Bruder Klaus, feierte er das hl. Primizopfer in dieser Pfarrkirche. Nach Beendigung der Studien wurde er durch den hochwürdigsten Bischof als Seelsorger ins Kreuzspital Chur berufen. Es war sein erster und einziger Seelsorgsposten bis zu seinem Tode. Diese 10 Jahre waren unterbrochen durch kürzere oder längere Krankeiten und einmal durch einen längeren Urlaub, den er zu einer ausgedehntern Reise nach Südamerika benützte, um dort den Spuren seines im Rufe der Heiligkeit verstorbenen Grossonkels Nikolaus Amstalden nachzuforschen, jenes edlen Priesters, dem der Verstorbene auf eurem Friedhof ein so schönes Denkmal gesetzt hat.
Die 12 Priesterjahre von Johann Amstalden waren ein einziger Opfergang, und recht oft war dieser Opfergang schmerzvoll, denn das Leiden, das ihn schon vor 16 Jahren befallen hatte, machte ihm immer wieder zu schaffen, bereitete ihm oft Wochen und Monate lang grosse Schmerzen. Aber nie konnte man von ihm eine Klage hören. Immer war er froh, selbst dann, wenn das Leiden ihn übermenschlich quälte. Über sein Leben kann man die Worte des Offertoriums der hl. Messe vom Kirchweihfest schreiben: "In der Einfalt meines Herzens habe ich froh alles Gott dargebracht." Wunderbar kam dies in den letzten Tagen seines Lebens zum Ausdruck.
Er wusste wie es um ihn stand. Doch wie oft hat er mit strahlendem Gesicht gesprochen: "Oh ich freue mich." Und wie ich Stunden vor seinem Tode mit ihm betete: Jesus dir leb ich, Jesus dir sterb ich, Jesus, dein bin ich im Leben und im Tode", da fügte er diesen Worten, die er mit grösster Mühe nachgesprochen hatte, noch ein strahlendes "Alleluja" bei. Die letzten Tage und Stunden seines Lebens und Leidens waren eine herrliche Apologie seiner ganzen Tätigkeit als Krankenseelsorger. Da hat er an sich selbst gezeigt, wie überzeugt er war von all dem, was er selbst an den Kranken- und Sterbebetten gesprochen und gebetet hatte. "In der Einfalt meines Herzens habe ich froh alles Gott dargebracht." Und als er sein Ja zum Tode sprach, da war es nicht ein Ja das hervor ging aus der Einsicht, dass nun einmal nichts mehr zu ändern ist, sondern das Ja eines liebedurchglühten Herzens, dessen einzige Sehnsucht es ist, die ewige Ruhe in Gott zu finden.
In Christus dem Herrn Geliebte,
In herzlichem Mitleiden verbeugen wir uns vor dem tiefen Schmerz der lieben Eltern und Geschwister des Verstorbenen. Aber wir müssen auch ihnen sagen: Freuet euch. Freut euch
aus ganzem Herzen, dass Gott der Gütige, das Opfer eures Sohnes, eures Bruders angenommen hat, dass er sein Lebenswerk gekrönt hat, und danket mit uns aus ganzem Herzen Gott dem Allmächtigen, dass er uns einen so lieben, edlen Priester geschenkt hat, dass dieser Priester unter uns wirken durfte, und dass wir die Früchte seiner Tätigkeit ernten dürfen.
Freut euch, dass die göttliche Vorsehung unseren lieben Johann Amstalden so geführt und geleitet und geschützt hat, dass es mir wirklich schwerfällt, euch nicht aufzufordern, statt für ihn, zu ihm zu beten. Ich kann es bezeugen: aus den zehn Jahren, da er mir ein lieber Mitarbeiter in der Dompfarrei Chur war, ist mir auch gar nichts bekannt, das auch nur den kleinsten Schatten auf seine Persönlichkeit werfen könnte. Darum sage ich noch einmal: freut euch aus ganzem Herzen und danket Gott, dass er euch und uns einen so herrlichen Priester geschenkt hat. Aber, liebe Eltern des Verstorbenen, ich danke auch euch aus ganzem Herzen für alle Opfer die ihr, die Geschwister, die Pfarrei für den Verstorbenen gebracht habt, für all euer Bemühen, ihn gut zu erziehen und durch die Erziehung zu Gott hinzuführen. Gott hat euch benützt als Werkzeug seiner Gnade. Und auch euer Opfer und die Opfer aller, die je etwas für den Verstorbenen getan haben, sind mit hineinbezogen in die Hingabe an Gott den Vater in der hl. Messe, im Primizamt des lieben Verstorbenen und in seiner opfernden Hingabe an den Vater in seinem Sterben. Unsere Dankbarkeit Gott gegenüber müssen wir aber beweisen. Und wir können es nicht besser tun als dadurch, dass auch wir alle uns immer mehr bemühen, alles was wir tun, Gott darzubringen. Dass wir den Auftrag hören, der in jeder hl. Messe an uns ergeht: Hinauszugehen in die Welt, auf unseren Arbeitsplatz, in unsere Heimstätten und dort die Welt zu konsekrieren, zu heiligen für Gott. "Wenn ich erhöht sein werde, werde ich alles an mich ziehen" sagt Christus. Und wir sind nun seine Beauftragten, wir sollen die Welt zu ihm hintragen, in dem wir, dort wo wir wirken und arbeiten alles unter das Gebot Gottes stellen, in dem wir uns immer führen und leiten lassen von einer wahrhaft glühenden Gottesliebe, die nicht danachfragt, was der Lohn dieser Liebe ist,sondern sich einfach immer mehr hingeben will in wahrer Selbstlosigkeit, in wahrer Grosszügigkeit.
Unser lieber Johann Amstalden hat uns ein herrliches Beispiel gegeben. Wir können sein Andenken nicht besser ehren als dadurch, dass wir diesem Beispiel nachfolgen. Auch unser Leben soll eine einzige Bereitung der Opfergabe sein. Dann wird auch unser Sterben nicht Katastrophe, sondern Vollendung, nicht Niederlage, sondern herrlicher Sieg sein. Dann wird auch unser Tod, so, wie der Tod von Johann Amstalden vergleichbar sein mit der Heimkehr eines ruhmbedeckten Soldaten aus gewonnener Schlacht und die Worte aus der Epistel der hl. Messe für einen verstorbenen Priester werden herrliche Wahrheit: "Tod wo ist dein Stachel, Tod wo ist dein Sieg? Verschlungen ist der Tod im Sieg." Und wir jubeln mit Johann Amstalden und allen Heiligen des Himmels, die uns empfangen werden:
"Dank sei Gott, der uns den Sieg verliehen hat, durch unsern Herrn Jesus Christus. Amen."
Prediger: HH. Alfred Vieli, Dompfarrer von Chur
Sarnen, den 9. Dezember 1958