Lebenslauf Johann Amstalden

Johann Amstalden wurde am 21. März 1921 als zehntes Kind in die Bauernfamilie von Christian und Marie Amstalden geboren. Er wurde in der Kirche zu Sarnen auf den Namen Heinrich Johann getauft. «Hansli» so wurde er in der Familie genannt war ein fröhliches aber schon in jungen Jahren von Krankheit gezeichnetes Kind, das aber nie sein Lächeln und seinen Humor verlor. Dank seiner klaren Stimme wurde er in die Schar der Sängerknaben von Sarnen aufgenommen. Angesprochen auf seinen Berufswunsch wollte auch er, angeregt durch das gute Beispiel seines Pfarrers, selber Pfarrer werden.

Johann wuchs wohlbehütet im Kreise einer frommen Familie auf. Mit 6 Jahren ging er in den Kindergarten. Das Gebet, Besuche im Frauenkloster beim Sarner Jesuskind, das Spiel im Kreise seiner Geschwister prägten seinen Alltag. Er ging auch gerne zur Schule und nahm mit Freude an den Vorbereitungen zur ersten hl. Beichte und Kommunion teil. Im Frühjahr 1930 durfte Johann seine erste heilige Kommunion empfangen. Von diesem Tag wusste er tief in seinem Herzen, dass er einmal Priester werden möchte.

Nach den Jahren in der Primarschule wechselte Johann ins Kollegium Sarnen. Auch dort bewahrte er, trotz vieler Leidensstunden, immer seinen Frohsinn. Die Schönheit der Natur und seiner Heimat erfüllten ihn mit Freude, Lob und Dank für seinen Schöpfer. Aufgrund eines Gespräches seines Vaters mit Rektor P. Bernhard Kälin, dem späteren Abtprimas, konnte Johann mit dem Theologiestudium beginnen. Im Jahre 1942 bestand er die Reifeprüfung des Gymnasiums.

Die Jahre des Studiums waren geprägt durch gesundheitlich bedingte Unterbrüche. Doch konnte er das Studium dennoch weiterführen. Keiner seiner Studienkollegen konnten ahnen wie es um ihn stand. Immer sahen sie ihn ruhig, gelassen, fröhlich mit seinem feinen Lächeln. Dem Regens aber fiel die Reife und Tiefe des jungen Theologen immer mehr auf. Und er erkannte, dass Johann Amstalden ein besonders Auserwählter unter seinen Anvertrauten war.

Als Johann 1945 nach Hause kam, er hatte die höheren Weihen empfangen, traf ihn die Krankheit mit aller Härte. Er hatte einen Nierentumor und nach ärztlichem Ermessen bestand keine Hoffnung mehr. Doch für ihn gab es nur ein Wort: «Gottes Wille geschehe, wenn Er will, dass ich Priester werde, ist Er mächtiger als alle Ärzte». Als er nach 3 Wochen noch lebte, standen die Ärzte wie vor einem Wunder. Am 21. Dezember 1946 erfüllte sich sein Wunsch und er wurde nach vielen leidvollen Jahren zum Priester geweiht. Am Neujahrsmorgen des Jahres 1947 durfte Johann Amstalden in seiner Heimatpfarrei Sarnen seine Primiz feiern.

Heiligenverehrung

Bruder Klaus war immer der weise Beschützer und sorgende Vater der Familie Amstalden, und sein Todestag am 21. März wurde stets froh und fromm gefeiert. Mit Bruder Klaus verband ihn eine grosse Freundschaft und er besucht diesen Heiligen oft im Ranft. Zudem hatte Johann Amstalden als Priester immer eine Reliquie von Niklaus von Flüe bei sich.

Johann verehrte sehr die Hl. Theresia von Lisieux und er bekannte später, dass er sie nie umsonst im Gebet angefleht habe.

Auch liebte er die Gottesmutter Maria sehr und ein besonderes Erlebnis waren für ihn die Wallfahrten nach Einsiedeln und Lourdes. Später sagte er oft: „Ohne die Mutter Gottes kommt man nicht weit, ohne sie hat man keinen Erfolg im Priesterleben“.

Spiritual im Churer Kreuzspital

Im Herbst 1947 wurde Johann Amstalden als neuer Spiritual im Kreuzspital Chur erwartet. Einige der Ingenbohler Kreuzschwestern kannten ihn aus der Zeit, als er dort Patient war. Und bald schon sprach es sich herum, dass der neue Spiritual ein gar angenehmer und froher Geistlicher sei.

Der neue Spiritual war sich bewusst, dass jeder Mensch hier mit seinem Schicksal allein war. Und er war bereit, jedem dieses Schicksal tragen und erleichtern zu helfen. Das spürte jeder gleich bei der ersten Begegnung. Alle spürten seine Wärme, Güte und Hingabe, die so unsäglich wohltat. In der Kapelle waltete er ruhig und ernst, tief gesammelt, seines Amtes. Er betete so, dass alle beeindruckt waren. Und das Urteil aller Anwesenden lautete übereinstimmend: „Beim heiligen Messopfer war er so gesammelt, frei und gelöst. Wie ein Engel kam er uns vor, würdig und erhaben, voll Ehrfurcht.“

Die ersten Begegnungen mit dem Tod erschütterten ihn tief. Nach dem Zeugnis aller Krankenschwestern starb keiner ohne die Sterbesakramente. Seine Ausstrahlung wirkte Wunder der Gnade, oft mehr als Worte.

Eine protestantische Frau erlebte es mit, dass der Spiritual den katholischen Mitpatientinnen die heilige Kommunion brachte. Sie spürte einen so grossen, tiefen Glauben und wurde derart erschüttert im Innersten, das sie lange nachher noch bekannte „Ich habe in ihm Christus gesehen.“

Ein Knabe, Sohn eines Zugführers, sagte: „Seit ich Spiritual Amstalden gesehen habe, weiss ich, dass ich Priester werden muss.“ – Und er wurde trotz aller Widerstände Priester.

Schwestern und Angestellte

Johann Amstalden, der schon im Vaterhaus der Mutter manche Arbeit abgenommen, wusste die kleinste Arbeit zu schätzen. Er war auch der einfache Priester für die einfachen Angestellten. Er fand stets ein anerkennendes Wort. Sein Lächeln galt jeder und jedem. Mit kleinen Aufmerksamkeiten erheiterte er stets das Leben der Schwestern und Angestellten.

Wieviel der gottverbundene Priester für seine Anvertrauten betete, können wir nur ahnen. Die Angestellten des Spitals berichteten, dass „Herr Spiritual oft nächtelang um die Rettung seiner Anvertrauten gerungen habe und dass sie dann am Morgen sein Bett unberührt gefunden haben."

Konvertiten

Bald war der Spiritual des Kreuzspitals auch der Priester für Konvertiten. Die Konvertitin Frau Luzia Gstöhl, welche unter Reformierten aufgewachsen war, spürte schon in der Jugend den Drang zum katholischen Glauben. Sie kam als junge Witwe in die Nähe von Chur und machte Bekanntschaft mit einem katholischen Mann, der ihr zweiter Gatte wurde. Entschlossen ging sie zum Ortspfarrer mit dem Wunsch er möge sie im katholischen Glauben unterrichten. Der vielbeschäftigte Herr wies sie an den ihm bekannten Spiritual Johann Amstalden. Mit grosser Freude hat er sie als Schülerin angenommen und in die Glaubensgeheimnisse eingeführt.
So hatte Frau Luzia Gstöhl am Vorabend des Weissen Sonntag 1953 ihre erste Beichte. Am Weissen Sonntag erlebte Sie das Wunder der Taufe und empfing Sie Ihre erste hl. Kommunion. Es war der grösste Festtag ihres Lebens. Ein überirdischer Freudentag auch für ihren treuen Lehrer.

Ein Schwede der wegen eines Beinbruches ins Spital kam konvertierte ebenfalls. Denn über ihn neigte sich ein sehr edles, frohes Gesicht, er fand einen Freund in der fremden Umgebung.
Täglich war er da, der edle Spiritual, und der Schwede spürte, den Strahl übernatürlicher Liebe wie eine neue Sonne. Aus den Gesprächen entstand ein regelmässiger Konvertiten Unterricht.
Er blieb seinem Freund Johannes Amstalden durch Briefwechsel lebenslang treu verbunden. Die grösste Freude bereitete er ihm durch die Mitteilung, dass er in den Ordensstand eintrete.

Gehörlosenseelsorger

In St. Gallen liess er sich als Gehörlosenseelsorger ausbilden. Er verstand es sehr gut sich mit den Gehörlosen zu unterhalten. „Wenn er von Jesus erzählte, wurden alle so froh im Herzen", so der Präsident des Gehörlosenvereins St. Gallen. Johann Amstalden lebte stündlich aus dem Willen Gottes und nahm Erfolg und Misserfolg, Freude und Leid, Unannehmlichkeiten wie Liebenswürdigkeiten so an, wie die Vorsehung es zuliess, im festen Glauben und der Erfahrung, dass alles ihm und den Mitmenschen zum Besten gereiche. Darin lag das grosse Geheimnis seines frohen Lebens.

Freund der Jungen

Auch auf junge Menschen übte er mit seiner Liebenswürdigkeit und seinem Humor eine grosse Anziehungskraft aus. Er war ein guter Psychologe, der sich vom Heiligen Geist führen liess. Allen war es wohl an seiner Seite und die Jugendlichen nannten ihn nur „ihren Spiri“ (Spiritual).

Der grosse Liebende

Niemand, der dem jungen Priester begegnete, ahnte etwas von seinen Leiden. „Mir geht es prima“ war seine stete Antwort. Heldenmutig lebte er, immer dem Willen des himmlischen Vaters hingegeben. Wie Christus sein Freund wollte er trösten, heilen, ermutigen, beglücken Frohsinn verbreiten, durch einfache Dinge und Worte. Früh schon erkrankte er an Jugendkrebs. Gemäss dem Zeugnis aller, die ihn pflegten ertrug er mit Geduld, ja mit Freuden alle Leiden und nie kam eine Klage über seine Lippen und niemand hat ihn je trübsinnig oder ungeduldig angetroffen.

Nach einer Operation im Oktober 1956 kam es zu einem lebensbedrohlichen Aortariss. Aber Johann verlor nie den Glauben an seine Genesung «aber ich la nid lugg». (Ich gebe nicht auf.)

Vollendung

Im Dezember 1958 sollte der noch junge Priester seine letzte Reise antreten. Es war in der Woche vor dem letzten Herz-Jesu-Freitag desselben Jahres. Die Operationsnarbe war aufgebrochen. Die Wunde musste ohne Narkose zugenäht werden, weil sein Herz zu schwach war. Dabei sagte er zur assistierenden Krankenschwester: „Schwester, etwas dürfen wir nicht vergessen, zu danken für all diese Schmerzen.“ Bei vierzig Grad Fieber das „Grosser Gott, wir loben dich“ zu beten, brauchte wahrlich Heroismus. Immer wieder flüsterten seine Lippen: „Alles meinem Gott zu ehren, alles meinem Gott zulieb.“ Und wieder nach einer furchtbar schweren Nacht konnte er sagen: „Schwester, das war eine wunderbare Nacht.“ Immer wieder hörte man ihn flüstern: „Für die Seelen – für die Priester!" Ein anderes seiner Worte war: „Ein Priester lebt und stirbt niemals für sich allein.“

Und mit dem Aufgebot seiner letzten Kräfte sagte er zu jenen die zu ihm kamen: „Ich freue mich, dass ihr hier seid. Auf euch habe ich gewartet.“ Und „Freut euch mit mir. Ich gehe nun in den Himmel, um euch einen Platz zu bereiten.“ Und „Es ist etwas Schönes, etwas Wunderbares, wenn man als Priester sterben kann. Freut euch mit mir und trauert nicht um mich. Ich kann vom Himmel aus mehr tun für euch als bisher. Ich habe viel gelitten, besonders in den letzten Tagen. Aber was ich innerlich erleben durfte, ist so schön, dass es alle Leiden weit, weit aufwiegt. Freut euch mit mir! Bald darf ich in den Himmel. Nun segne ich euch alle und verabschiede mich von euch, und dann, bitte, zieht euch zurück. Ich will möglichst allein sterben; denn der Heiland ist auch fast allein gestorben.“

Dann faltete Johann seine Hände, verweilte einige Augenblicke in tiefem Gebet, hierauf zählt er alle auf, die er ganz besonders in den Segen einschloss, beginnend mit den Eltern und Geschwistern bis zur Heimatgemeinde Sarnen und alle, alle Menschen der Welt, ganz besonders alle Priester. Dann breitete er seine Arme weit aus und segnete sie alle mit ergreifender Andacht. Danach sprach Johann: „jetzt kann ich nicht mehr. Jetzt kann der Tod kommen, wann er will. Kommt doch, ich will mich von jedem von euch verabschieden.“

Es war das Heimgehen eines Heiligen. Der damalige Bischof Christian Caminada sagte nach seinem Tod: „Der Herr Spiritual Amstalden war ein heiligmässiger Priester.“




Buchtipp:

Buch: Gelebte Barmherzigkeit Die ausführliche Geschichte zum Leben von Spiritual Amstalden hat Pfarrer Bernhard Stephan Schneider im Buch «Hans Amstalden (1921-1958): Gelebte Barmherzigkeit» niedergeschrieben.

Dieses Buch kann über unseren Shop bezogen werden.



Das ältere Buch «Freut euch mit mir: Ein Priester nach dem Herzen Gottes» von Ida Lüthold-Minder über das Leben von Spiritual Amstalden ist leider vergriffen.