Der Sonntag
« zurück zur Übersicht
09.07.1950
Geliebte in Christus!
„Und Gott segnete den 7. Tag und heiligte ihn, weil er an ihm von seinem Werk ruhte.“ (Gen. 2,3), so schliesst der Schöpfungsbericht des alten Bundes ab. Das Segnen und Heiligen bedeutet hier ein Herausnehmen aus dem Alltag und hineinbringen in eine Beziehung zu Gott. Wie verwirklicht der Mensch in seinen alltäglichen Sorgen und Arbeiten diesen Plan Gottes? Durch einen Ruhetag, damit seine Seele Zeit finden kann, den Schöpfer, ob der Grösse seiner Werke zu preisen. Dies ist Sinn und Zweck des christlichen Sonntags, der Sonntagsheiligung. Und der göttliche Segen besteht darin, dass der Herr jenen seine Gnade schenkt, die ihn heilig halten. Nun aber sagt mir: Das strenge Gebot Gottes gilt nur für den Sabbat. Sabbat und Sonntag sind nicht das Gleiche, also kann ich mir einen beliebigen Tag zum Ruhetag bestimmen. Andere gehen soweit, die Art und Weise, wie sie Gott ehren wollen selbst zu bestimmen. Ist ein schöner Familienspaziergang in Gottes freier Natur nicht Gottesdienst? Ich brauche meine Kinder doch nicht in die schlechte Luft der Kirchen zu schicken! Was erwidert ihr solchen Redensarten, denen man auch jetzt noch begegnet? Durchgehen wir kurz die Geschichte des Sonntags um ihn wieder mehr schätzen und lieben zu lernen.
Meine lieben Christen! Zum rechten Verständnis des Sonntags ist es nützlich zu wissen, was der Sabbat eigentlich für das auserwählte Volk bedeutete. Trotz der grossen Unterschiede von den Lehren des Judentums und Christentums, sollte der Sonntag für die Christen eine ähnliche Rolle spielen wie der Sabbat für die Juden. Sabbat war vor allem Tag der Ruhe, oder wie der hebräische Ausdruck sagt: das Aufhören von der Arbeit. Grundgelegt war diese Ansicht am 7. Tag des Schöpfungsberichtes. Auch der Auszug aus Ägypten bedeutete für die Israeliten Aufhören der Fronarbeit bei heidnischen Herren in Ägypten. Ostern, der Jahrestag, sollte sie immer daran erinnern. Dieselbe Aufgabe hatte der Sabbat, gleichsam der Ostertag jeder Woche; Gedenktag der Befreiung vom ägyptischen Joch, und daher wurde er zum Dank dem Herrn geweiht. Später wird es stricktes Gebot Gottes: Auf der Wanderung durch die Wüste kamen die Israeliten an den Berg Sinai. Dort bekam Moses unter Blitz und Donner die eherne Gesetzestafel. Das dritte von den 10 Geboten lautet: „Der 7. Tag ist ein Ruhetag zu Ehren des Herrn, deines Gottes.“ (Ex. 20,10). Dieses Gebot wurde so streng gehandhabt, dass Sabbatschänder mit dem Tode bestraft wurden. Das war im alten Bund.
Blieb nun mit dem Erscheinen Christi das Sabbatgebot weiterhin in Kraft? Ihr kennt vielleicht die Szene, wo die Pharisäer den göttlichen Heiland rügten, weil er am Sabbat ein Wunder gewirkt hatte. Da gab er ihnen zur Antwort: „Der Menschensohn ist auch Herr über den Sabbat.“ Der Tod Christi löste alle Versprechen ein, welche Gott einst Israel gegeben. Damit endet der alte Bund. Die herrliche Auferstehung Jesu veranschaulicht die Annahme des Kreuzesopfers durch Gott den Vater und die Aussöhnung der Menschen mit ihm. Wie der Auszug aus Ägypten die Juden von körperlicher Knechtschaft befreite und dafür Ostern und Sabbat als Gedenktage feierte, so hat uns der Tod Christi von Sünde und Knechtschaft des Teufels befreit und durch seine Auferstehung bestätigt. Wenn die Israeliten in dem Osterfest und der Sabbatfeier dafür Gott Dank abstatteten, sollen wir da für unsere, weit grössere Bevorzugung, zurückstehen? Es ist wohl müssig darauf zu antworten, denn Christus ist es ja selbst, der den Sonntag stillschweigend eingesetzt hat, dadurch, dass er an diesem Tag auferstanden und an diesem Tag uns in Gestalt von Feuerzungen den heiligen Geist gesandt hat. Die Kirche aber hat dann das, was anfänglich nur eine Tat der Vorsehung war, zu einer Gewohnheit, zu einem Gesetz umgeformt.
Meine lieben Christen! Wie sieht nun der Sonntag in der Urkirche aus. Nicht als Ruhetag stand er im Vordergrund, da ja viele Christen als Sklaven in heidnischer Herrschaft dienten. Psalmengesang gemeinsames Essen, Brotbrechen (was das heilige Messopfer bedeutet) und Predigten waren die gottesdienstlichen Handlungen. 20 Jahre nach dem Tode Christi lesen wir schon in der Apostelgeschichte zum Besuch des heiligen Paulus in Troas: „Am ersten Tage der Woche aber (das ist Sonntag), da die Jünger zusammenkamen, das Brot zu brechen (das ist das Messopfer), predigte ihnen Paulus.“ (Apg. 20,7). Der Apostel Johannes braucht in seiner geheimen Offenbarung für Sonntag den Ausdruck: Tag des Herrn. (1,9). Diesen Ausdruck braucht auch sein Schüler der heilige Ignatius. Auch die Didaché aus dem Jahre 90 nach Christus, gleichsam der erste „Katechismus“ des christlichen Glaubens, nimmt Bezug darauf und befiehlt: „Am Tage des Herrn versammelt euch, brechet das Brot (empfanget die heilige Kommunion) und saget Dank, nachdem ihr zuvor eure Verfehlungen bekannt habt, damit euer Opfer rein sei.“ (Didaché). Ebenso schreiben im 2. Jahrhundert die Märtyrer Plinius, Justinus und Tertullian, dass für den Christen jeden Sonntag ein Feiertag sei, in der Stadt und auf dem Lande. – Im Jahr 313 hat dann der erste christliche Herrscher Kaiser Konstantin für das ganze römische Weltreich den Sonntag zum gesetzlichen Ruhetag erhoben. Die Verfolgung war vorbei. Die heilige Messe wurde nun öffentlich bis in den späten Vormittag gefeiert. Das heilige Messopfer mit dem Empfang der heiligen Kommunion blieb bestehen. Das war eine Selbstverständlichkeit, gleichbedeutend mit „zur Kirche gehören“, nicht kommunizieren bedeutete: ausgeschlossen sein, oder noch nicht zugehörig.
Meine lieben Christen! Wie ist es heute? Klagte Kardinal Newman nicht mit Recht: „Ich weiss ganz genau, wie viele von euch ungern zur Kirche gehen. Und alle möglichen Entschuldigungen vorbringen, nur um fern bleiben zu können, obwohl sie nichts am Kommen hinderte. Ich weiss, wie viele das heiligste Altarssakrament nicht empfangen. Ich weiss, wie gross die Zahl derer ist, die weder morgens noch abends zu Hause ihre Gebete verrichten. Ich weiss wie viele sich sogar schämen fromm zu gelten. Ja das beklage ich, dass ihr den Dienst Gottes nicht liebt.“ Aber könnt ihr etwas lieben das ihr nicht kennt. Probiert es einmal! Überwindet die Abneigung. Lebet den Sonntag wie ihn Gott gewollt und ihr werdet fühlen, spüren und erkennen, welcher Segen und Osterfreude Gottes für Zeit und Ewigkeit daraus wächst.
Amen.