Jesus, Du Stärke der Martyrer

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30.04.1950 / Weisser Sonntag

Liebe Erstkommunikantin, geehrte Eltern und Angehörige
Geliebte im Herrn!

„Wie ein Hirsch lechzt nach der Wasserquelle, so sehnt sich meine Seele nach dir, mein Gott,“ singt der Psalmist in der hl. Schrift. Glauben wir nicht in diesen Worten den hl. Wunsch der Erstkommunikantin herauszuhören: „Jesus, Jesus komm zu mir! O wie sehn ich mich nach dir!“ Der Tag der ersten hl. Kommunion wird die Erfüllung dieses Wunsches bringen. Woher kommt diese grosse Sehnsucht in die Seele des Kindes, in die Seele der Menschheit? Vorerst müssen wir wissen, dass Gott selbst diese Unruhe in das Menschenherz hineingelegt hat, wie der hl. Augustinus schreibt: „Unruhig ist unser Herz, bis es ruhet in Dir!“ Aber warum scheint Gott selbst unruhig zu sein, bis er ruhet in uns? Sprach er doch beim letzten Abendmale zu den Aposteln: „Sehnlichst habe ich danach verlangt mit euch dieses Mahl zu feiern.“ Bekannte er doch dem Volke: „Es ist mir eine Freude unter den Menschenkindern zu wohnen.“ Darum weisst er die Jünger zurecht, die in vorgerückter Stunde die Mütter mit ihren Kindern von Jesus fernhalten wollten: „Lasset die Kleinen zu mir kommen und wehret es ihnen nicht, denn solchen ist das Himmelreich!“ Weil wir ohne ihn nichts sind, weil wir mit ihm alles vermögen. „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt, und in wem ich bleibe, der bringt viele Frucht. Denn ohne mich könnt ihr nichts tun!“ Wann bleiben wir aber mit ihm inniger vereint als in der heiligen Kommunion!

Meine lieben Christen! Ihr habt gewiss schon etwas vom Propheten Elias gehört. Er lebte zur Zeit des gottlosen Königs Achaz von Israel. Wie der heilige Mann im Auftrage Gottes die Götzenaltäre des Königs zuerstörte, geriet dieser in Zorn und trachtete ihm nach dem Leben. Da floh der Prophet eine Tagesreise weit in die Wüste und schlief hungrig und müde unter einem Ginsterstrauch ein. Plötzlich stiess ihn ein Engel des Herrn an und sagte: „Steh auf und nimm und iss!“ Da sah er vor sich Speise und Trank, nahm davon und schlief weiter. Da stiess ihn der Engel ein 2. Mal an und sagte. „Steh auf und iss, sonst ist der Weg für dich zu weit.“ Er stand auf, ass und trank und wanderte durch diese Speise gestärkt 40 Tage und 40 Nächte bis zum Gottesberge Horeb (3. Kön.19 ff.).

Geliebte! Diese wunderbare Speise im AT ist ein Vorbild des wahren Engelsbrotes im NT. Gott hat uns in der hl. Eucharistie für die Wanderung durch die Wüste des Lebens zum himmlischen Horeb bereitet. Kann ein Mensch dieses Himmelsbrot missen? Oder heisst es auch hier: Iss und trink, sonst ist der Weg für dich zu weit? Wer die Geschichte der Kirche kennt, braucht nicht auf die Antwort zu warten. Steigt mit mir hinab in die Katakomben des Alten Rom, wo das christliche Leben sich 300 Jahre lang verbergen musste in die dunklen Grüfte der alten Friedhöfe. Was sehen wir dort im Geiste? Ein Häuflein armer Christen in banger Todesfurcht geschart um einen greisen Priester und Vater. Alles still und stumm. Horch, ein Glöcklein erklingt. Schweigend sinken alle zur Erde. Der Priester erhebt das verwandelte Brot, den Kelch, zur Anbetung. – Es kommt das gemeinsame Mahl. Jetzt erheben sie sich und singen Psalmen frohen Dankes. Da plötzlich stürmen wilde Soldaten herein und führen sie gefangen zum heidnischen Gericht. Aber schaut, die Christen erschrecken nicht mehr, zittern nicht mehr, denn sie haben das Brot der Starken empfangen. Nicht mehr sie leben, sondern Christus lebt in ihnen. Und mit ihm überwinden sie die Welt: eine Caecilia, ein Laurentius, eine Agnes ein Tarzisius, wer hat sie zu Helden, zu Märtyrern gemacht? Fragt sie selber. Sie alle antworten: Jesus im heiligsten Altarssakrament.

Meine lieben Christen! Wirkt Jesus auch heute noch? Vor ein paar Wochen hat Papst Pius XII. den 15 jährigen Domenico Savio selig gesprochen, einen Studenten unseres Zeitalters. So jung und schon so heilig sagt ihr vielleicht zweifelnd! – Am 25. Juni wird sogar eine 12 jährige, die selige Maria Goretti in das Heldenverzeichnis der Heiligen unserer Kirche eingetragen. Warum diese Grösse in jungen Jahren? Hören wir die Worte des hl. Vaters zu ihrer Seligsprechung vor drei Jahren. Der Papst sagte wörtlich: Um Jesus in der hl. Eucharistie zu empfangen, schreckte sie nicht zurück, einen langen Weg zurückzulegen, mitten im Sommer, nüchtern, unter der brennenden Sonne auf staubiger Strasse. „Ich kann die Stunde nicht erwarten, bis ich morgen die hl. Kommunion empfangen darf“, sagte sie eines Tages. Und der Morgen kam und mit ihm die hl. Kommunion. Welcher Morgen und welche Kommunion! Am Nachmittag des gleichen Tages, an dem sie diese Worte gesprochen hatte, vergoss sie ihr Blut, um dem Bräutigam ihrer Seele treu zu bleiben.

Geliebte im Herrn! Jesus will die Jugend. Die Jugend braucht Jesus!
Welche Verantwortung daher für christliche Eltern, ihren Kindern die Sehnsucht nach Jesus ins Herz zu legen, welche Verantwortung die Kinder zu Christus zu führen nicht nur durch das Wort, sondern auch durch das Beispiel; welcher Verantwortung dem Kinde Achtung vor dem Priestertum einzuflössen, welches ihnen Jesus Christus vermittelt. Es ist kein Zufall, dass im hl. Jahr auch das Lob der hl. Jugend und einer jugendlichen Heiligkeit besungen wird. Es ist aber auch kein Zufall, dass eine Mutter an diesem Lob persönlich teilnehmen darf: die Mutter von Maria Goretti. Es ist der grösste irdische Lohn einer christlichen Mutter.

Nun trittst du hin liebe Erstkommunikantin, mit brennender Kerze an den Altar um das Taufgelübde zu erneuern. Deine Paten haben es bei der Taufe in deinem Namen versprochen. Hast du Angst für immer dem katholischen Glauben die Treue zu schwören? Nein! Ich weiss, dass Jesus bald zu dir kommt in der hl. Hostie. Ich weiss, dass er dich stärkt, dich beschützt in den Gefahren der Jugend. Jesus ist treu. Bleibe ihm treu. Er verlässt dich nicht. Verlass ihn auch nicht. Du vermagst jetzt alles, weil Jesus von fortan bei Dir ist. Bitte, auch für uns! – Und wir alle eingedenk unseres schönsten Lebenstages, wollen wir miteinander das Taufgelübde erneuern, auf dass unsere Treue neu gefestigt werden in Dir, mein Jesus.

Amen.





(Anmerkung: Das Original dieser Predigt wurde ursprünglich mit einer Schreibmaschine geschrieben und dann teilweise manuell nachkorrigiert. Dies führt dazu, dass einzelne Wörter, welche nicht eindeutig lesbar waren «rekonstruiert» werden mussten. Der Inhalt wurde dadurch aber nicht verfälscht.)