Die Wandlung - Teil 1
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20.08.1950
Geliebte im Herrn!
Wer das heilige Messopfer missachtet, missachtet die Worte Christi!
Warum? Wir werden dies begreifen, wenn wir ins Allerheiligste, in die Wandlung eintreten. Im Opfergang oder bei der Opferung, dem ersten Teil der Opfermesse, haben wir das Innigste, das Beste beigesteuert, unsere volle Hingabe und wir wollen nicht vergessen, die gehorsame Gesinnung des Patriarchen Abraham in uns wach zu halten. Die lautere Gesinnung ist die Seele des Opfers, die sie erst vor Gott wertvoll macht. Und erst dann dürfen wir unser Lebenswerk: Gebet, Arbeit und Leid mit Christi Opfer verbinden, da es mit der Mischung von Wein und Wasser so schön versinnbildet wird. Und wir treten vorbereitet in den Hauptteil der heiligen Messe ein, die mit der Präfation beginnt.
Meine lieben Christen! Wandlung nennt der Volksmund diesen Teil, weil durch das Wort des geweihten Priesters Brot und Wein in Leib und Blut Christi verwandelt werden. In der Sprache der Liturgie heisst er Kanon, d.h. Richtschnur, Regel, weil die Gebete um die Wandlung seit vielen Jahrhunderten immer gleichgeblieben sind, ja beziehungsweise bis in die Katakombenzeit zurückreichen. In Ehrfurcht folgen wir ihnen bis zum heiligen Augenblick. Immer ruhiger und stiller wird es am Altar. Der Priester tritt zurück. Er leiht Christus gleichsam seine sichtbare Gestalt. Christus selbst bringt das Opfer dar. Er ist der unsichtbare Opferpriester und er wird auch die sichtbare Opfergabe. Denn im Augenblick der Wandlung reisst der Vorhang der Zeit entzwei. Vergangenheit und Zukunft wird Gegenwart. Niedergekniet, mitopfernd und anbetend schaut das gläubige Auge ein dreifaches Bild: Christus, der göttliche Hoheprister im Ornat der Menschennatur thronend im Himmel, wie er vom Vater ewige Erlösung erwirkt. Dann Christus auf Golgotha am Kreuze hängend, wie er als wahres Opferlamm seinen Geist in die Hände des Vaters empfiehlt. Und schliesslich Christus beim letzten Abendmahle, wie er Brot in seine ehrwürdigen Hände nimmt und in seinen heiligsten Leib verwandelt, und Wein in sein heiliges Blut, sodass er sich selbst in eigenen Händen trägt und dem himmlischen Vater für uns aufopfert: der heiligste Opferpriester, die reinste Opfergabe. Das ist Wandlung. Das christliche Auge sieht dies im Glauben, weil Christus, Gottmensch, zum Brote spricht: Das ist mein Leib. Wer dürfte daran zweifeln? Und da er ausdrücklich sagt: Das ist mein Blut. Wer möchte Bedenken tragen und meinen, es sei nicht sein Blut? (Cyrill von Jerusalem). Durch dieses immerwährende Opfer wird nun Gott Vater höchste Ehre und den Menschen ewige Erlösung zuteil. Es wäre daher unverständlich, wenn die katholische Kirche den Besuch dieses heiligen Opfers nicht zur Pflicht machte. Darin liegt ein Grund des Sonntagsgebotes: und wer sich nicht darum kümmert, verachtet die Worte Christi. ______
Geliebte im Herrn! Schauen wir nun auf die einzelnen Gebete! Der Kanon beginnt feierlich mit der Präfation: Per omnia saecula saeculorum. Amen! Von Ewigkeit zu Ewigkeit geschehe Gottes Wille! Erhebet darum eure Herzen, um ihn ohne Zerstreuung würdig und recht zu preisen. Wir haben 14 Präfationen oder Preislieder, je nach den Festen, die alle ausklingen in einem dreimal Heilig der Engelchöre und Hosanna der Apostel und Jünger. Der Priester betet leise weiter, erhebt den Blick und die Hände zum Himmel beugt sich tief zum Altare und bittet den Vater durch Jesus Christus, dass er die mit dreifachem Segen bezeichneten Gaben gnädig annehmen möge. Sein Sohn zieht ja ein in diese Gestalten und besteigt den Kreuzesthron, um von dort aus „Alles an sich zu ziehen.“ Und siehe da, wie der Kanon diese Weissagung verwirklicht. Vor allem steht die kirchliche Hierarchie heute unter dem Kreuze: aufgezählt Papst, Bischöfe und Priester. (Sie feiern ja das Opfer). Gedenke auch o Herr, deiner Diener und Dienerinnen! Es steht die zweite Gruppe vor dem Kreuz. Es sind alle Gläubigen, von denen einige besonders herausgehoben werden: Angehörige und Anwesende. Denken wir dabei an recht viele, um ihnen die Früchte des Messopfers zukommen zu lassen. In heiliger Gemeinschaft ehren wir dabei auch das Andenken der dritten Gruppe, der Heiligen – vor allem der allerseligsten Jungfrau Maria. Warum? Sie wurden durch das Kreuzesopfer gerettet und sollen durch ihre Fürbitte an unserer Rettung mithelfen. Wir werden sehen, wie dieser Kreis der Umstehenden nach der Wandlung durch weitere „Memento“ geschlossen wird, sodass durch den Kanon der gekreuzigte Christus sinnvoll in den Mittelpunkt gestellt wird, nach dem sich die gesamte Schöpfung hingezogen fühlt. „Wenn ich von der Erde erhöht bin, werde ich alles an mich ziehen!“ Den kommenden zwei Opfergebeten entsprechen zwei nach der Wandlung. Der Priester verrichtet sie ganz leise: Ordne unsere Tage in Frieden, entreisse uns der ewigen Verdammnis, gib uns die ewige Seligkeit. Dabei hält er die Hände über den Kelch ausgestreckt, wie einst der Hohepriester im alten Bund über den Sündenbock. Auch wir legen all unsere Sünden auf das göttliche Osterlamm. Eine letzte Bitte um Verwandlung spricht der Priester und macht dabei ein fünffaches Kreuz über Brot und Wein, zum Zeichen, dass jetzt der heilige Augenblick gekommen ist: die Gegenwärtigsetzung des Kreuzopfers Christi. Auch der Messdiener zeigt es mit der Glocke an. Dank der Weihegewalt des Priesters wird diese Erzählung des Abdendmahl-Berichtes Wirklichkeit: „Am Vortage vor seinem Leiden nahm er Brot in seine heiligen und ehrwürdigen Hände, erhob seine Augen gegen Himmel zu Dir, Gott seinem allmächtigen Vater, sagte Dir Dank, segnete, brach und gab es seinen Jüngern mit den Worten: Nehmet hin und esset alle davon. Das ist mein Leib. In gleicher Weise nahm er nach dem Mahle diesen hehren Kelch in seine heiligen und ehrwürdigen Hände, dankte Dir wieder, segnete ihn und gab ihn seinen Jüngern, indem er sprach: Nehmet hin und trinket alle daraus, denn das ist der Kelch meines Blutes, des neuen und ewigen Bundes - Geheimnis des Glaubens – das für euch und für viele vergossen werden zur Vergebung der Sünden. Tut dies, sooft ihr es begeht, zu meinem Andenken.“
Geliebte im Herrn! In diesem Augenblick stehen wir unter dem Kreuz. Ob du als reumütiger Schächer Gnade findest oder als lauer Christ zur Linken gestossen wirst nach dem Herrenwort: „Weil du lau bist, will ich dich ausspeien aus meinem Munde!“ Von dir hängt es ab. Gott hat dich erschaffen ohne dich – er wird dich nicht erlösen ohne dich!
Amen.