Christus natus est nobis
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25.12.1950 / Weihnachten
Im Christkind Geliebte!
Weihnacht ist's. Der erste Advent ist vorüber. Die Freude ist heute um so grösser, je mehr wir den Advent zur Besinnung und Besserung angewendet haben. Denn gleich wie die kalte Winterszeit durch das Christfest verklärt wird, so ward die dunkle Adventsnacht heute erhellt durch den Stern von Bethlehem, welcher uns die Geburt des Christkindes anzeigt. Ein göttliches Geschenk das so erhaben ist, dass die Kirche in ihrer Freude nicht nur mit einem Messopfer zufrieden ist, sondern seit den ältesten Zeiten den Brauch einführte, dass am Weihnachtsfest derselbe Priester dreimal die hl. Messe darbringen durfte. In Rom lass früher der hl. Vater die Mitternachtsmesse in der Kirche Maria Maggiore, wo die Krippe des Herrn aufbewahrt wird. Wie tief mag das damals den hl. Vater beeindruckt haben, neben dieser hl. Reliquie das hl. Messopfer zu feiern. Ist hier nicht das Erlebnis des hl. Franziskus mit Krippe und Christkind im umbrischen Wald im Glauben vorausgenommen worden. Am Gnadenaltar dieser Basilika sind auch wir, Pilger des hl. Jahres in hl. Verehrung gekniet und haben das Stille Nacht angestimmt, mitten im Sommer. – Von dieser Kirche bewegte sich bei Morgengrauen die Prozession des Papstes zur zweiten Messe in der Kirche der hl. Anastasia, die im dritten Jahrhundert ihres Glaubens wegen verbrannt wurde. Ihr Gedächtnis wird heute noch in der 2. Weihnachtsmesse gefeiert. – Dann bewegte sich die Prozession zur 3. hl. Messe im Petersdom, wo, wie wir aus der diesjährigen Weihnachtsansprache des hl. Vaters zur grossen Freude vernehmen konnten, das Grab des Apostelfürsten Petrus ist, welches dieses Jahr aufgefunden werden konnte durch Ausgrabungen direkt unter der Petrus Kuppel.
Sinnvoller könnte die Kirche wohl kaum die Freude ausdrücken, als durch die drei hl. Messopfer, die dreimalige Gegenwärtigsetzung Christi auf dem Altare, offenbart sich doch Christus selbst in drei verschiedenen Geburten, die wir zur Vertiefung des Weihnachtsgeheimnisses kurz miteinander durchgehen wollen.
Im Christkind Geliebte! Der Mensch zählt sein eigenes Leben nach dem Datum seiner Geburt. Er feiert seinen Geburtstag. Wie ist es bei Christus, wenn wir von drei Geburten reden? „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort.“ Wer von euch hat diese Worte schon einmal zu verstehen versucht? Darin findet sich die erste Geburt Jesu. Was bedeutet im Anfang? Vor aller Zeit, ehe überhaupt etwas war, ehe der Mensch, das Tier, die Pflanze, der Stein, die Gestirne, Tag und Nacht waren, existierte das Wort. Und was bedeutet Wort? Es sagt Abhängigkeit, kann nicht für sich sein, setzt jemand voraus, der es spricht. Wer ist es? Wenn wir so fragen, kommt uns gleich der nächste Satz zur Hilfe. „Und das Wort war bei Gott.“ Hier haben wir schon zwei. Das Wort und Gott, der von Ewigkeit her lebt. Und wer war das Wort? War es ein Cherubim, ein Engel, ein Mensch? Nein. Johannes sagt: „Und das Wort war Gott.“ So ging also Gott von Gott, Licht von Licht hervor, ähnlich wie das Wort aus dem Verstande des Menschen hervorgeht. Diese Geburt war im Anfang, also von Ewigkeit her. „Mein Sohn bist du. Diese Geburt war im Anfang, also von Ewigkeit her. Mein Sohn bist Du. Heute habe ich dich gezeugt.“ (Ps. 2,7). Dieses heute ist der Tag der Ewigkeit, ohne Morgen und Abend, ohne Aufgang und Untergang. Höher, majestätischer könnte man die erste Geburt des Sohnes Gottes nicht schildern, als die Epistel der heutigen Messe es tut. „Mein Sohn bist Du!“
Die zweite Geburt Christi aus Maria ist auch geheimnisvoll. „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ Es war zu Bethlehem in der hl. Nacht. Da fühlt die selige Jungfrau, dass jetzt die glücklichste Stunde der Weltgeschichte gekommen ist. Sie fühlt sich in Liebe aufgelöst. Plötzlich und mit derselben Allmacht wie er später aus verschlossenem Grab aufsteht, ist der Sohn Gottes und der Sohn Mariens geboren, liegt auf der Erde. Das beglückte Auge seiner Mutter ist auf ihn geheftet und er streckt ihr die Händchen entgegen. Anbetend beugt sich Maria und mit ihr sinkt der hl. Josef nieder und die Engel huldigen ihren Schöpfer: „Gloria in Excelsis Deo!“
Geliebte! Wir lesen in der Festmesse die Worte: „Erschienen ist die Güte und Menschenfreundlichkeit des Heilandes. Er hat uns erlöst, nicht um der gerechten Werke willen, die wir getan, sondern nach seiner Barmherzigkeit durch das Bad der Wiedergeburt und der Erneuerung im hl. Geist.“ (Tit. 3,4). Das Bad der Wiedergeburt, was ist das anderes als die Wiedergeburt Christi in unseren Seelen. Weiter lesen wir, wie die Hirten, dem Winke des Himmels folgend nach dem Stalle eilten, um den Heiland kennen zu lernen, der für sie geboren sein sollte. Sie beten das Kind an. Lieben es und erfreuen sich an demselben. Sie sind Christen geworden. Das heisst sie tragen Christus in ihrem Glauben heim. Christus ist in ihren Herzen geboren worden. Die dritte Geburt Christi. Wann geschah sie bei uns? In der Taufe, in der Beicht, in der hl. Kommunion, in jedem guten Werk das wir aus Liebe zu ihm tun, lebt Christus in uns. Möge nicht ein Herodes in uns auftreten, der Christus töten will. Nein. Aber eine Josefsseele, die ihn durch alle Gefahren und Wüsten und Trockenheiten heil hindurchführt.
Im Christkind geliebte! Siehe ich verkünde euch eine grosse Freude. Heute ist euch der Heiland geboren, welcher ist Christus der Herr! Der ewige Sohn des Vaters, der leibliche Sohn der Mutter Maria, euer grösstes Weihnachtsgeschenk. Die Speise eurer Seelen. Christus wohnt in euch. Lasst ihn auch wachsen in euch durch ein gutes Leben!
Amen.