Der Priester heute
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02.07.1950
Geliebte in Herrn!
Der Priester in der Welt ist ein zweischneidiges Schwert. Wer das schwarze Kleid oder wenigstens das Skolar nicht trägt, macht sich kaum eine Vorstellung, wie viele mitleidige oder sogar hasserfüllte Blicke auf den Bahnhöfen und öffentlichen Plätzen den Priestern nach geschickt werden! Blicke, die uns fragen, warum die Pfarrer eigentlich in der Welt herumlaufen; Blicke die von Vorwürfen zeugen, weil er es überhaupt wagt mitzureisen. Manchmal scheint es, als ob der Priester den Hut in die Hand nehmen und sagen sollte: „Entschuldigen sie bitte, dass ich da bin und mitfahre. Frägt man sich nicht augenblicklich: „Hat der Priester im 20. Jahrhundert, welches die Religion zur Privatsache erklärte, welches der Religion nur noch im verborgenen Stübchen Heimatrecht gewähren will, hat der Priester in diesem Jahrhundert noch eine Aufgabe zu erfüllen, noch ein Recht uns zu belehren.“ Lasst uns heute, wo wir dem Seminaropfer unser Schärfchen beitragen, etwas auf die Frage eingehen.
Geliebte im Herrn!
Der heilige Pfarrer von Ars sagte einmal in seiner Predigt: „Nach Gott ist der Priester alles. Lässt eine Pfarrei 25 Jahre ohne Priester sein, man wird darin die Tiere anbeten. Ja, wenn man die Religion zerstören will, so beginnt man damit, den Priester anzugreifen. Das ist nicht nur heute so. Denn wo kein Priester mehr ist, da ist auch kein Opfer und wo kein Opfer mehr ist, da wird auch keine Religion mehr sein. Begegnet euch also ein Priester, so denkt: Der ist es, der mich zum Gotteskind gemacht; der ist es, der mir durch die heilige Taufe den Himmel geöffnet hat. Ihr könnt euch an keine einzige Wohltat Gottes erinnern, ohne nicht sogleich auch an den Priester zu denken!
Die übrigen Wohltaten Gottes würden euch nämlich nichts nützen ohne den Priester. Oder was würde euch ein Haus voll Gold nützen, wenn niemand da wäre, der die Tür desselben öffnet? Der Priester hat den Schlüssel zu den himmlischen Schätzen. Er öffnet die Tür. Das ist seine Aufgabe. Er ist der Hausverwalter des lieben Gottes, der Verwalter seiner Güter. Wenn auch 200 Engel da wären, sie könnten euch nicht absolvieren. Jeder Priester aber, auch der einfachste, ja selbst der unwürdige, kann es in Notfällen. Er kann zu euch sprechen: „Gehe hin in Frieden! Deine Sünden sind dir vergeben.“ Sind das nicht die gleichen Worte, die Christus auf Erden gesprochen? Ja, meine Lieben, wenn wir Glauben hätten, sähen wir Christus im Priester verborgen. Wie Jesus Segen spendend durch die jüdischen Lande zog, so wandert er in der Gestalt des Priester Segen spendend durch die Jahrhunderte, auch durch das zwanzigste Jahrhundert, welches ihn verfolgt und seine Kirche zur Märtyrerkirche macht.
Kardinal Mindszenty ist nur einer von Tausenden. Aber ist es nicht sonderbar, dass man die Priester heute nicht mehr wagt, öffentlich wegen ihres Glaubens gefangen zu nehmen. Man stempelt sie vorher zu Staatsverbrechern und Devisenschiebern, weil man sich schämt vor dem Weltgewissen die religiöse Aufgabe der Priester zu leugnen. Seine Aufgabe ist es die kalte Welt mit der Gottesliebe zu erwärmen, die Wahrheit gegen alle Lüge zu verteidigen.
Meine lieben Christen! Woher nimmt nun der Priester für sich allein das Recht dazu? Haben nicht Irrlehrer seit Jahrhunderten gepredigt: „Gehet hinaus in alle Welt und lehret alle Völker“, gelte allen Menschen, sei kein Vorrecht einer anmassenden Priesterklasse. Vor wem aber, meine lieben Christen, stand Jesus, zum Beispiel, als er das heilige Altarssakrament eingesetzt hat, als er nach dem Abendmahle den Auftrag gab „tut dies zu meinem Andenken!“? Hat er den Auftrag zum Priester hinausgerufen in die Strassen und Gassen von Jerusalem? Nein! Einer kleinen Schar, die er selbst geschult, die er selbst geweiht hatte, die er selbst auserwählt hatte, gab er Auftrag und Vollmacht. Ebenso deutlich spricht der Evangelist Matthäus im 28.Kp. 16-20.V. Es war nach der Auferstehung Christi. „Die elf Jünger (also nur die Apostel) gingen nach Galiläa auf den Berg, wohin Jesus sie bestellt hatte. Als sie ihn sahen beteten sie ihn an, einige aber zweifelten. Da trat Jesus zu ihnen und redete sie also an: Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes und lehret sie alle halten, was ich euch befohlen habe. Seht, ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt.“ Wer darf da noch ernstlich zweifeln, dass die Apostel und ihre rechtmässigen Nachfolger, die Bischöfe und Priester, das Recht haben und allein das Recht haben zu predigen. Die Worte des Herrn lassen darüber keine Unklarheit zurück. „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Wer euch hört, hört mich. Wer euch verachtet, verachtet mich. Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, um der Wahrheit Zeugnis zu geben, und auch ihr sollt Zeugnis geben!“ So ist die Lehrgewalt des Priesters, fortgesetzte Lehrgewalt des Gottessohnes. Weil wir glauben, sagt der heilige Paulus, darum reden wir und verdrehen nicht das Wort Gottes und fragen nicht (2.Kr. 4f) was das Volk von uns verlangt, sondern was Gott verlangt vom Volk. Gottes Hand hat uns durch den Bischof gesalbt und gesandt, Gottes Licht hineinzuwerfen in das Dunkel des menschlichen Geistes.
Meine lieben Christen! Heute früh wurden im Priesterseminar neun junge Menschen zu Priestern gesalbt - eigentlich geweiht zum Dienst am Volk und zum Dienste am Worte Gottes. Aufgabe des Priesters ist es ja in erster Linie: zu dienen, zu helfen, zu trösten. Wer spürt das mehr als der Kranke. Sei es eine kranke Seele oder ein kranker Leib. Wenn du daher Gott danken willst, bete für die werdenden Priester, bete für deine Seelsorger, opfere heute gern dein Schärfchen für dein Priesterseminar. Der Primizsegen, den die Neupriester morgen in unser Haus bringen, wird deine Gabe durch Christus belohnen.
Amen.