Christ und Beruf
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14.01.1951 / 2. Sonntag nach Erscheinung
Geliebte im Herrn!
„Wie Gott einen jeden Berufen hat, so soll er wandeln!“ (1.Kor. 7,17)
Dies fordert der Heilige Paulus. Wer Christ ist, ist für Gott da. Das Leben eines Christen ist ein Leben vor Gott und für Gott. Wie man ehemals Opfertiere darbrachte um Gott zu Ehren, so opfert der Christ heute sich selbst. Damit wird das heilige Messopfer nicht in den Hintergrund gestellt. Gerade das Gegenteil tritt ein. Mit jedem Sonntag, mit jeder heiligen Messe werden wir mit dem Opfer Christi vereinigt und damit wird nur unsere Opfergesinnung erneuert und gestärkt für den Alltag. Nie darf ein Christ Religion und Alltag trennen. Jeder Tag und jede Arbeit muss vom Glauben durchdrungen sein. Aber lässt sich das immer durchführen? Bietet wirklich jeder Beruf die Möglichkeit nach dem Evangelium zu leben? Oder lässt es sich einfach nicht umgehen, das gewisse religiöse Bindungen und Gewissenspflichten für heutige Berufe zu hohe Anforderungen stellen? Viele Christen glauben sogar, dass nur der Ordensberuf, der den Menschen vor vielen Gefahren beschützt, der rechte Nährboden zu einem christlichen Leben sei. Dabei ist das Leben nach den Satzungen Gottes auch dort eine himmlische Kunst. Jede berufliche Beziehung ist, je nach der Art und Weise, wie wir unsere Standespflichten auffassen und erfüllen, entweder ein Mittel der Heiligung oder ein Hindernis zum Fortschritt.
Geliebte im Herrn! Als Johannes der Täufer am Jordan auftrat und zur Busse predigte, da fragten ihn die Volksscharen: Was sollen wir tun? Er antwortete ihnen: Wer zwei Röcke hat, gebe dem einen ab, der keinen hat, und wer zu essen hat, handle ebenso! Es kamen auch Zöllner um sich taufen zu lassen und fragten ihn: Meister was sollen wir tun? - Zöllner, verworfene Menschen, von gläubigen Juden verachtete Wucherer, die nicht würdig waren in den Tempel einzutreten, sondern von Ferne standen und ihre Schuld bekannten, wie wir aus der Parabel des Herrn vom Pharisäer und Zöllner wissen. - Was wird wohl Johannes denen raten? Hände weg! Dieser Beruf ist Gott versucht! Nein. Ruhig antwortete er Ihnen: Fordert nicht mehr ein, als euch festgesetzt ist. Auch Soldaten fragten ihn: Was sollen wir tun? Hier musste er auf alle Fälle abraten. Die Soldaten waren jüdische Söldner in heidnischen, fremden Diensten, grössten Gefahren überantwortet, das Wohl ihrer Familien auf dem Spiel. Doch auch hier sind wir überrascht vom eindeutigen Urteil des sonst so strengen Täufers. Er entgegnete ihnen: Beraubt niemanden, bezichtigt niemanden und begnügt euch mit eurem Sold (Luc. 3,10-14). Ihr Beruf wird also nicht angetastet. Im Grunde genommen ist jeder wahre Beruf, eine von Gott uns auferlegte Pflicht. Erfüllen wir sie im Gehorsam gegen Gott nach den Grundsätzen der Klugheit, Gerechtigkeit und Liebe, dann heiligt sie uns. Oder kennt die Kirche nicht Heilige aus allen Berufszweigen, sogar der heilige Bettler Benedikt Labre fehlt nicht darunter. Ob Vorgesetzter oder Untergebener, ob leiblicher oder geistiger Arbeit verpflichtet, ob gesund oder krank, immer sind wir aufgerufen den Willen Gottes zu erfüllen. Schwierigkeiten und Versuchungen bringt jeder Beruf, schliesst aber auch nicht die Möglichkeit aus, als Himmelsleiter zu dienen. - Ein alter Klosterbruder kann zum Sterben. Sein Leben lang hatte er in der Schneiderstube gearbeitet. Wie der Konvent um ihn versammelt war, verlangte er als letzten Wunsch seine Nähnadel. Dann nahm er sie in die zitternde Hand und sagte: "Dieses Werkzeug führte mich zum Himmel." - Kann dies auch die Hand der Krankenschwester, die Maschine des Arbeiters, die Feder des Bürolisten, das Werkzeug des Bauern, das Bett des Kranken sein? Ja. Und die katholische Kirche legt solchen Wert auf die treue Berufserfüllung, dass sie den heiligen Franz von Sales sprechen lässt: “Eine Frömmigkeit, welche den Pflichten des Berufes widerspricht, ist eine falsche Frömmigkeit. Wer in seinem Berufe arbeitet, arbeitet im Dienste Gottes. Bei Seligsprechungsprozessen wird immer zuerst darauf gesehen, wie einer seine Berufspflichten erfüllt hat. Gott sieht nicht darauf was einer tut, sondern wie er es tut. Darum kommt die wichtige Frage, wie muss ich meinen Beruf ausführen, damit er mir zum Heile gereicht.
Eine Bedingung, meine lieben Christen, ist damit verknüpft, eine Bedingung: Unsere Berufsarbeit muss im Stande der Heiligmachende Gnade und aus Liebe zu Gott geschehen. Ist die Seele tot, dann kann sie kein gutes Werk aufnehmen. Ist die Liebe tot, dann ist jedes gute Werk fad. Der heilige Bonaventura sagt: “Die Liebe ist die Würze der guten Handlungen. Je mehr sie von der Würze in sich haben, desto schmackhafter sind sie vor Gott.“ Christus hat uns hierin keinen Zweifel überlassen. Er schaute mehr auf die grössere Liebe, als auf das grössere Werk. Oder hat er nicht das Scherflein der armen Witwe im Tempel allen Gaben der Reichen vorgezogen. (Mk 12,41) Meine lieben Christen: Darum sind wertlos alle Werke, die nicht aus Liebe zu Gott verrichtet werden. Versuchen wir unser Tagwerk zu heiligen durch die gute Meinung. Wiederholen wir oft das Stossgebetchen: "Alles meinem Gott zu Ehren." Dann befolgen wir die Mahnung des Völkerapostels: “Ihr mögt Essen oder Trinken oder etwas anderes tun, tut alles zur Ehre Gottes.“ (1. Kor. 10,13) Der junge Karl Borromäus spielte mit seinen zwei Kameraden. Da kam einer auf die ernste Frage: “Was würdet ihr jetzt tun, wenn ihr in einer halben Stunde sterben müsstet?“ Der eine wollte sogleich beichten gehen, der zweite möchte sich von den Eltern verabschieden. Der Junge Karl aber sagte ruhig: “Ich würde weiterspielen.“ Was für eine Antwort aber gebest du? Überlege es dir!
Amen.