Einladung und Ablehnung

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27.05.1951 / 2. Sonntag nach Pfingsten

Geliebte im Herrn!

„Ich sage euch aber, keiner von jenen Männern, die geladen sind, wird von meinem Male kosten.“ Das ist ein ernstes Wort des Meisters und hat von seiner Bedeutung nichts engebüsst. So weit kommt es, wenn der menschliche Wille sich dem Herrn der Welt widersetzt. Gott bietet jedem sein Heil an – auch nach dem Sündenfall der Stammeltern, auch nach persönlichen Todsünden. Durch seine Speise, will er uns im Gnadenstand erhalten - durch eine Speise, die den bittersten Opfertod verkündet. Boten, seine Priester, besorgen die Einladung, schauen dabei nicht auf Stand, Stellung und Rasse. Alle sind aufgerufen. Und der Widerhall? Gott will, aber der Mensch will allzu oft nicht. So gross das Geheimnis der Güte Gottes ist, eben so gross ist das Geheimnis der Ablehnung von Seite der Menschen. Nicht Gründe sind für ihn massgebend, sondern seichte Ausreden, die den bösen Willen der Geladenen nicht verbergen. Irdische Geschäftlichkeit, ja sinnliche Freuden sind stärker als Gottes Angebot. In stolzer Auflehnung, in leichtfertiger Verachtung, in feiger Furcht wird das Privileg der Erstgeburt mit einem Linsenmus vertauscht. Wehe den Satten, die so handeln und das Gottesreich den Spatzen überlassen wollen, wie ein gottloser Philosoph schrieb, sie werden ernten, was sie gesät: Verwesung leiblicher und geistiger Art. Glücklich aber die Armen im Geiste, die geduldig Leidenden, vom Leben Verfolgten, von der Welt Verstossenen, sie werden aus den Gassen, Strassen und Spitälern zum Gastmahl geführt, zum ewigen Leben. – Zu welchen rechnest du dich?

Meine Lieben! Das heutige Evangelium passt so gut in die Oktav von Fronleichnam, da es Bezug nimmt auf die Eucharistie, das heilige Gastmahl Christi. Es handelt sich hier vor allem um die Haltung der Eingeladenen. Stelle dir mal vor dein Vorgesetzter gebe allen Angestellten ein auserlesenes Gastmahl. Alles wäre schon bereitet, du müsstest als Bote nur mehr den einzelnen Tag und Stunde des Mahles angeben. Mit Freude gehst du daran, und glaubst dich überall willkommen. In deiner Begeisterung verräts du bereits etwas vom Speisezettel, spricht über schöne Darbietungen und den kostbaren Schmuck. – Da kommt die unerwartete Enttäuschung. Die Geladenen nehmen die Einladung gar nicht an. Spöttisch lächelnd entschuldigt sich einer nach dem andern: Ich habe auf diese Zeit einen Jass abgemacht, sagt der eine. Der andere will bei schönem Wetter einen Ausflug machen. Der Dritte ist nicht gerne unter so vielen Leuten. Und dabei verdanken alle Nahrung, Kleidung und Verdienst diesem Herrn und Gastgeber. Wärest du nicht erbost ob solcher Undankbarkeit und Unverschämtheit. Zeugte das nicht von schlechter Gesinnung, Verachtung und Misstrauen gegen den Gastgeber?

Nun ist aber, Geliebte, der Gastgeber des Evangeliums Gott selber. Das Gastmahl ist sein eingeborener Sohn, unser Erlöser Jesus Christus und die Gäste sind wir. „Boten werden ausgesandt den Geladenen zu sagen: sie möchten kommen, alles ist bereit!“ Die Boten werden also zu bereits Geladenen gesandt. Die vorläufige Einladung zu diesem Gastmahl ist an uns ergangen bei der heiligen Taufe. Wir gehören zu den offiziellen Gästen, dank unserer Taufurkunde. Sind wir zum Lichte der Vernunft gelangt, kommt die 2. Einladung zum Tische des Herrn. Wenn Christus seinen Aposteln und durch diese dem Priestertum der Kirche gebot, das Opfer zu feiern und das Abendmahl zu bereiten, mit den Worten: „Tut dies zu meinem Andenken!“, so liegt darin auch für die Getauften die Pflicht am Opfermahl teilzunehmen, um so mehr, als Christus selbst nachdrücklich und feierlich das ewige Leben von der Teilnahme am Opfermahl abhängig macht. Oder findet ihr einen anderen Sinn aus den Worten Christi? „Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esset und sein Blut nicht trinken werdet, so werdet ihr das Leben nicht in euch haben. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben und ich werde ihn auferwecken am jüngsten Tage. Denn mein Fleisch ist wahrhaft eine Speise und mein Blut ist wahrhaft ein Trank!“ (Joh. 6,54ff). Müssten uns diese Worte nicht mit freudigem Eifer erfüllen. Doch siehe, das Unerwartete geschieht! - Die Christen, die Geladenen nehmen diese Worte gleichgültig, abschätzig, ja mit scharfem Wiederspruch auf. Die Juden sagten: „Diese Rede des Herrn ist hart, wer mag sie verstehen, und verliessen ihn.“ Und du Christ, hörst die Kirchenglocke jeden Tag, drehst dich im Bett und sagst: Ich gehe dann am Sonntag. Und kommt der Tag des Herrn, dann ist eine Spätmesse für ihn gut genug und du lässest die Einladung zum Mahle bei Seite, obwohl es dir gut möglich wäre, ihr Folge zu leisten. Sind wir daher nicht erstaunt, wenn wir einmal die letzte Einladung verscherzen; gibt es doch Christen die in schwerer Krankheit bewusst oder unbewusst den Ruf Gottes widerstehen mit der Entschuldigung: ich werde folgen, sobald ich besser bin. Jetzt bin ich müde. - Es war in einem Spital, wo ein Mann seit einiger Zeit krank darniederlag. In der Osterzeit machte ihn der Priester aufmerksam auf die Pflichten eines Katholiken und wollte im Gelegenheit dazu bieten. Doch er lehnte ab. In fünf Tagen ist Sonntag. Da werde ich selber in die Kirche gehen, ich bin ja schon einige Tage auf. Gott aber zählte anders. Am nächsten Tag wurde er vom Mittagessen Tod weggetragen.

Meine lieben Christen! „Suchet zuerst das Reich Gottes! Das soll aber nicht besagen, dass wir für das leibliche und geistige Wohl nicht Sorge tragen müssen. Aber ist es denn nötig, dass man darum Gott einen Abzug macht an dem, was ihm gebührt. Der Leib gehört ihm. Er ernährt ihn durch die Früchte der Erde, niemand weisst sie ab. Die Seele gehört Ihm, er will sie nähren mit seinem eigenen Fleisch und Blut. Weisen wir es nie ab, auch wenn es Opfer kostet. Denn: „Wer mein Fleisch isst, wird leben in Ewigkeit.“

Amen.





(Anmerkung: Das Original dieser Predigt wurde ursprünglich mit einer Schreibmaschine geschrieben und dann teilweise manuell nachkorrigiert. Dies führt dazu, dass einzelne Wörter, welche nicht eindeutig lesbar waren «rekonstruiert» werden mussten. Der Inhalt wurde dadurch aber nicht verfälscht.)