Das heilige Messopfer
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23.07.1950
Geliebte im Herrn!
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts studierte in Prag ein junger, jüdischer Mediziner. Als er eines Tages ausnahmsweise die theologischen Vorlesungen der katholischen Fakultät besuchte, hörte er dort die Erklärung einer Messianischen Weissagung aus Malachias, dem letzten Propheten des Alten Bundes. Der Wortlaut war ihm ganz unbekannt, obwohl sein Vater täglich zuhause die Bibel vorlass. Er suchte die Stelle in der Hausbibel und entdeckte hier, wie auf diesen und anderen Stellen die Seiten verklebt oder ausgerissen waren. Da fragte er den Vater nach dem Grund dieser Handlungsweise, erhielt aber von ihm nur eine Ohrfeige. Dadurch noch mehr gereizt ging er an das Studium dieser zugedeckten Stellen, die sich alle auf den kommenden Messias bezogen. Das Ende war, dass er voll Überzeugung von der Sendung Christi Katholik wurde und 1821 die Priesterweihe empfing. Es war Dr. Emmanuel Veith, der sehr berühmt und hochgeschätzte Kanzelredner von Wien, der durch Wort und Tat unendlich viel Gutes wirkte. – Eine kleine Stelle aus der Bibel überwindet alle Vorurteile, eine kleine Stelle führte ihn zum Glauben, zum Priestertum; es sind die Verse über das alttestamentliche und neutestamentliche Opfer beim Propheten Malachias: „Kein Wohlgefallen habe ich an euch“, spricht der Herr der Heerscharen, „und kein Opfer mag ich aus euren Händen. Denn vom Anfang der Sonne bis zu ihrem Niedergange wird mein Name gross sein unter den Völkern, und überall wird meinem Namen geopfert, und ein reines Speiseopfer dargebracht (Mal. 1, 10ff). Lasst uns dieses Bibelwort näher betrachten, um das einzig wahre Opfer des neuen Bundes, das hl. Messopfer besser kennen und schätzen zu lernen.
Geliebte im Herrn! Wenn Gott durch den Propheten sagt: Er habe kein Wohlgefallen am alten Opfer, dann müssen wir zuvor wissen, was eigentlich ein Opfer bedeutet. Wir hören oft die Worte: Das hat ihm viel Opfer gekostet und versteht darunter: Arbeit, Anstrengung und Selbstüberwindung ohne Beziehung zu Gott. Das Opfer ist aber im wahren Sinn immer etwas gottbezogenes. Nämlich ein irdisches Gut, ein Gegenstand, der mir gehört, den ich aber Gott schenke, indem ich ihn von meinem täglichen Gebrauche fortnehme, um Gott meine Hingabe zu bezeugen. Es kannten Opfer die Heiden sowohl wie die Juden. Die Heiden hatten ihre Tempel, wo sie ihre Staatsgötter verehrten, oder ihre Haine, wo sie ihnen opferten und heute noch opfern. – Bei den Juden war es der Tempel von Jerusalem allein, an welchem der Opfergottesdienst mit grosser Feierlichkeit stattfand. Aber schon vorher erzählen uns die ersten Blätter der Bibel von diesen Handlungen, die die Hingabe an Gott bezeugen. Kain und Abel brachten Gott zum Danke für den irdischen Segen ein Opfer dar. Kain gab die Erstlinge seiner Ernte, Abel ein Lamm. Sie verbrannten diese Gaben als Dank an Gott. Neben Dankopfer gab es auch Friedopfer, Bittopfer und Sühneopfer. Gerade letzte dürfen wir nicht so schnell übergehen.
Geht doch letzten Endes das Opfer aus dem Schuldbewusstsein der Menschen hervor und aus seinem Streben für die Sünden Sühne zu leisten. Durch die Sünden haben wir Strafe, haben wir den Tod verdient. Weil der Mensch aber kein Recht hat über sein Leben, kann er es nicht als Eigentum Gott zu Sühne anbieten. So kommt er auf den Gedanken der stellvertretenden Genugtuung. Er opfert Tiere an Stelle seines Lebens. Der Alte Bund gibt uns hierfür ein Beispiel. Alljährlich am Versöhnungstag wurde von den Opfertieren ein Bock ausgewählt. Der Hohepriester legte ihm die Hände auf und bekannte dabei die Sünden des Volkes. Dann wurde dieser „Sündenbock“ durch einen Mann in die Wüste geführt und von einem Felsen hinuntergestürzt.
Meine lieben Christen! Daraus spricht wohl mehr, das grosse Bedürfnis des Menschen, von seinen Sünden befreit zu werden, als die wirkliche Befreiung. Oder kann ein unvernünftiges Tier den Menschen vertreten, kann ein Tierleben Gott gegenüber Genugtuung leisten für die Sündenschuld der Menschheit? Besonders, wenn wir die Erbsünde und die vielen persönlichen Sünden und Verbrechen der Völker ins Auge fassen? Nein – nie und nimmer! „Ich habe kein Wohlgefallen an euch“, spricht der Herr der Heerscharen, „und kein Opfer mag ich aus euren Händen!“ Mit diesem Vers ist das alttestamentliche Opfer erledigt und wir begreifen, dass ein gläubiger Jude diese Stelle verklebt oder herausreisst. Aber damit ist die Sache nicht gelöst. Der Sehnsuchtsschrei der Menschen nach einem vollgültigen Versöhnungs- und Sühneopfer ist damit nicht gestillt.
Da kommt die Verheissung des neuen, Gott wohlgefälligen Opfers: „Überall wird meinem Namen geopfert und ein reines Speiseopfer dargebracht werden!“ Und dieses Opfer kam in der „Fülle der Zeit.“ Es ist das unschuldige Gotteslamm Jesus Christus, Gott und Mensch, „der die Sünden der Welt hinwegnimmmt“, wie der Apostel Johannes berichtet. Ein Tier kann nicht Genugtuung leisten, Gottsohn aber kann es, wenn er in Menschengestalt uns vertritt, einer von uns wird mit Fleisch und Blut und durch seinen freiwilligen Tod dem Vater überreiche Genugtuung leisten, für unsere Sünden. Der Kreuzestod Christi ist das Vollgültige und einzige Versöhnungsopfer für alle Sünden der ganzen Menschheit. Aber, kommen nun alle Menschen ohne weiteres in den Himmel, werden einige sagen, Christus sühnte ja für alle Sünden?
Meine Lieben! Glaubt ihr, dass ihr ohne eigenes Zutun in den Himmel kommt? Nein! Wenn Christus uns auf Golgotha vertreten soll, dann müssen wir seine Gesinnung haben, damit er uns überhaupt vertreten kann. Wir müssen geistigerweise mitgeopfert werden, damit wir an seiner Versöhnungsgnade teilhaben können! Das heilige Messopfer, das täglich und an allen Orten auf den Altären dargebracht wird, erleichtert uns diese Mitwirkung. Denn das heilige Messopfer ist die wirkliche Vergegenwärtigung des Kreuzesopfer auf Kalvaria in der Form des Abendmahles, wozu Christus selbst seinen Aposteln und Nachfolgern den verpflichtenden Auftrag gegeben hat mit den Worten: „Tut dies zu meinem Andenken!“ Durch dieses Opfer wird auch die Stelle bei Malachias am schönsten erfüllt: „Und überall wird meinem Namen geopfert, und ein reines Speiseopfer dargebracht.“ Ist es nicht heute so in der Kirche? Diese Tatsache führte den jüdischen Mediziner zum Glauben, zur katholischen Kirche, zum Priestertum. – Mit Wohlgefallen schaut er nun der himmlische Vater auf das Opfer seines Sohnes. Und du - du nimmst an diesem Wohlgefallen teil, so oft du das heilige Messopfer besuchst und die verzeihende und sühnende Gesinnung mitbringst wie Christus!
Amen.