Einladung-Abweisung-Folge

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08.10.1950 / 19. Sonntag nach Pfingsten

Geliebte im Herrn!

Es ist ein ergreifendes Bild im heutigen Evangelium: Gott wirbt um die Gunst der Menschen. Er lässt mit aller Liebe seine Einladung an sie ergehen. Aber die Geladenen wollen nicht kommen. Zweimal führt uns die Kirche dieses traurige Verhältnis der Menschen zu Gott im Laufe des Kirchenjahres an zwei sehr ähnlichen Gleichnissen vor Augen. Am zweiten und am neunzehnten Sonntag nach Pfingsten. Dort wie hier das Bild des festlichen Sonntags nach Pfingsten. Dort wie hier das Bild des festlichen Mahles. Dort wie hier liebevoll wiederholte Einladung. Dort wie hier absagende verschmähende Gäste, die von irdischen Gütern gefangen sind. Dort wie hier Verwerfung und Bestrafung. Wiederholt sich diese traurige Tatsache nicht auch in unserer Zeit? Es tragen die Königsboten, die Priester und Bischöfe, die Frohbotschaft zu allen Völkern, sie bringen die Einladung an alle Menschen. Und der Erfolg! Ist es nicht allzu oft ein tausendfaches: „Ich kann nicht kommen“? Möchten wir doch durch die heutige Sonntagsbetrachtung dazu gelangen, jegliche Einladung Gottes anzunehmen, um nicht Gottes Zorn und Gericht herauszufordern.

Meine lieben Christen! Der Schauplatz der biblischen Erzählung führt uns ins Morgenland, in ein Königreich, deren es dazumal viele gab. Zur Hochzeit seines Sohnes und Thronerben gibt der König daselbst ein fürstliches Gastmahl. Die Einladung ist schon längst bekannt geworden, denn es ist ein Ereignis von grosser politischer Bedeutung. Durch seine Teilnahme soll das Volk Treue und Anhänglichkeit bekunden. Wie der Tag zur Hochzeit kommt, „sendet er seine Knechte aus, um die zur Hochzeit geladenen zu berufen“. Aber siehe da. Er muss warten, warten. Die Zeit vergeht und die Geladenen erscheinen nicht, Warum? Waren sie krank? Hatten sie Vorurteile? Lehnten sie die Herrschaft des Sohnes ab? „Sie wollten nicht kommen“, sagt die Bibel kurz. Für den König ein entwürdigendes Benehmen! Aber mit welch erstaunlicher Geduld wiederholt er, zwar mit erhörter Dringlichkeit durch andere Diener die Einladung. „Sagt den Geladenen: sehet, ich habe mein Mahl bereitet, meine Ochsen und das Mastvieh sind geschlachtet, und alles ist bereit. Kommt zur Hochzeit!“ Jetzt noch zögern heisst, in beleidigender Weise das Mahl des königlichen Herrn verschmähen. Und die Geladenen ignorieren wieder die Einladung und gehen ihren eigenen Geschäften nach, der eine auf sein Landgut, der andere an sein Gewerbe. Ja, ein Teil scheint durch die Einladung geradezu gereizt und in Wut geraten: sie ergreifen die Diener des Königs misshandeln und töten sie. Offener Aufruhr das gegen König und Königssohn. Die Langmut des Vaters ist zu Ende. Die Erzählung ist damit an einem Wendepunkt angelangt. Grausame Strafe folgt auf dem Fusse.

Fragen wir uns nun, meine lieben Christen, was dieser erste Teil der heutigen Parabel sagen will. Es ist ein Ausschnitt aus dem Leben im Gottesreich. Mit den Worten beginnt ja der göttliche Heiland: „Das Himmelreich ist einem König gleich, der seines Sohnes Hochzeit feierte.“ Der König ist der himmlische Vater. Christus ist der Königssohn. Er kam auf die Erde, um das geistige Reich der Kirche zu gründen. Die Kirche ist in der Sprache der Bibel seine Braut, die er mit dem Brautgeschmeide himmlischen Segens und persönlichen Erlösungsgnaden schmückte. Wir finden in den Katakomben und sehr oft in frühchristlichen Denkmälern Christus, wie er seine Braut heimführt, die Braut, die in grossen Lettern den Namen Kirche trägt. Die erste Einladung nun erging an Israel durch die Propheten des alten Bundes bereits Jahrhunderte voraus. Aber wie oft mussten die Propheten erfahren, dass sie tauben Ohren verkündeten, wie oft haben sie Gott geklagt wie Elias: „Nun ist's genug. Nimm o Herr mein Leben hin, denn ich bin nicht besser als meine Väter!“ (3 Kön. 19,4). Sie mussten nämlich ansehen, wie das Volk eitlen Götzen Nachlief. - Die zweite Einladung erging durch den gewaltigen Herold, den Johannes den Täufer: „Tut Busse, denn das Himmelreich ist nahe!“ Erging durch die Jünger des Königsohnes, ausgerüstet mit Wundermacht: „Kommt, zur Hochzeit.“ Ergeht immer noch durch die Priester mit kirchlicher Sendung: „Sehet, mein Mahl ist bereitet!“ Und die Antwort. – Gerade wie in der Parabel. Israel tötet Johannes, die Heiden Martern die Apostel, die Kommunisten kerkern die Priester ein. Sie wollen sich nicht unter das süsse Joch des Königsohnes begeben. Sie wollen nicht, dass er über sie herrsche. So trifft sie denn nicht mehr die erbarmende Liebe, sondern der gerechte Zorn des Vaters.

Ihr wisst vielleicht, Geliebte, wie Jerusalem im Jahre 70 nach Christus ein furchtbares Gottesgericht erlebte: seine Belagerung und Zerstörung. Der Geschichtsschreiber Flavius Josefus findet kaum Worte, dieses Elend zu schildern: „Keine Stadt ist je so hoch erhoben und so tief gestürzt worden“, sagt er. „Alles Unglück aller Zeiten, scheint im Vergleich mit dem, was die Juden traf, von diesen bei weitem übertroffen zu werden.“ Hier hat sich die Drohung erfüllt, die Christen in die prophetischen Worte kleidete: „Der König ergrimmte und sandte seine Truppen aus, liess jene Mörder umbringen und ihre Stadt in Brand stecken.“ Über die Verfolgungen von Heiden haben wir im schönen Bettagsmandat, geschrieben von unserem gnädigen Herrn, gehört. Vor zwei Jahren haben wir mit Entrüstung die ungerechte Verurteilung des ungarischen Kardinals Mindtzenty in den Zeitungen verfolgt. Wisst ihr auch, dass heute schon ein Teil dieser ungerechten Richter von eigenen Kumpanen zum Henkertod verurteilt worden sind? Gott lässt seine Diener nicht ungestraft misshandeln.

Geliebte im Herrn! Wir sind Glieder der katholischen Kirche. Geht uns das heutige Evangelium also nichts an? Wenn wir auch getauft sind, so sind wir noch nicht bewährt. Dazu brauchen wir die Nahrung der Seele. Der göttliche Königsohn lädt uns ein: „Kommt, das Mahl ich bereitet! Die heilige Eucharistie im heiligen Messopfer. Wöchentlich, täglich wiederholt er diese Einladung. Bei jeder guten Gelegenheit. Schenke deinem Gott und Herrn Gehör.

Amen.





(Anmerkung: Das Original dieser Predigt wurde ursprünglich mit einer Schreibmaschine geschrieben und dann teilweise manuell nachkorrigiert. Dies führt dazu, dass einzelne Wörter, welche nicht eindeutig lesbar waren «rekonstruiert» werden mussten. Der Inhalt wurde dadurch aber nicht verfälscht.)